Wie früher.

Ich weiß nicht, ob es gut für mich ist, wieder das zu tun, was wir im Sommer ständig getan haben. Der Erinnerungen wegen, die mich nur noch mehr runterziehen. Aber ohne nachzudenken hocke ich am Wochenende wieder bis spät in die Nacht am Telefon. Es ist eine gute Beschäftigung, eine gute Ablenkung, nur beim Vergessen hilft es natürlich nicht. Aber es ist irgendwie tröstlich RH und J beim Diskutieren zuzuhören. Es ist tröstlich, wenn die Beiden mir neue Geschichten aus dem Dorf erzählen. Und - natürlich - ist es tröstlich, wenn J mir versichert, dass er mich nicht hasst und wenn RH mir sagt, dass alles nicht so gemeint war. Aber jeden Abend aufs Neue kommen wir an den Zeitpunkt, an dem er sich bei RH meldet und mittelefonieren möchte. RH fragt mich jeden Abend aufs Neue, ob das okay für mich ist. Und ich antworte immer das Selbe: Dass das schon okay wäre. Aber wenn ich dann seine Stimme höre, bin ich mir da nicht mehr so sicher. Wenn ich die Stimme höre, die mir so vertraut ist, wie der Weg aus meinem Zimmer ins Bad. Ich würde seine Stimme unter tausenden wiedererkennen. Und sobald er mit am Telefon ist, verstumme ich. Ich höre zu, aber ich sage nichts mehr. Ich antworte höchstens auf direkte Fragen. Die er natürlich nie stellt. Es herrscht Waffenstillstand zwischen uns, aber Freunde sind wir noch lange nicht. Normalerweise möchte ich das auch nicht, aber in diesen Momenten tut es doch weh, weil ich genau merke, wie er mich vergisst, wie die Kluft zwischen uns immer größer wird. So groß, dass sie niemals überbrückt werden kann.