Alltag.

» Sens au coeur de la nuit
L'onde d'espoir
Ardeur de la vie
Sentier de gloire «

Die Kinder des Monsieur Matieu - Vois sur ton chemin

Jeden Morgen quäle ich mich nach zehnminütiger Überlegung, nicht doch krank zu machen, aus meinem Bett. Mein erster Gedanke bist du, du und deine Abwesenheit. Später, beim Frühstück, kommst du mir wieder in den Sinn, aber ich löffle mein Müsli monoton weiter, bis der Gedanke an dich wieder verschwindet. Meine Mutter erscheint jeden Morgen in der Küche, kocht sich Kaffee und fragt wie es mir geht. "Gut" antworte ich, meine aber "scheiße". Meine Mutter lächelt und verschwindet schneller als sie gekommen war. In der Schule holt mich der Gedanke an dich wieder ein , langsam und schleppend kommt er. Ich quäle mich durch französische Grammatik und staune über das Durchhaltevermögen meiner Psychologielehrerin, bis ich über der deutschen Geschichte beinahe einschlafe. Aber wie kann ich mich auch für das Futur simple, die Wahrnehmungsgesetze der Psychologie oder die Weimarer Republik interessieren, wenn meine Gedanken ja doch immer zu dir schweifen? In jeder Stunde, in jeder Pause und bei jeder Hausaufgabe, die ich versuche zu machen. Du schleichst dich nachts in meine Träume und lässt mich nicht schlafen, tagsüber spüre ich, wie du mich beobachtest, neugierig beobachtest. Blicke wie Nadelstiche, die ich im Nacken spüre. Meine Lehrerin sagte einmal, dass Liebe und Trauer krank machen. Das kann ich nur bestätigen, denn ich schlafe jede Nacht mit Bauchkrämpfen ein und wache jeden Morgen mit ihnen auf. Am Liebsten würde ich schreien, ganz lange, damit jeder mich hört, sieht wie es mir geht. Am Liebsten würde ich fortlaufen und nie mehr wiederkommen. Am Liebsten hätte ich jemanden, der mich vor den Schatten beschützt. Am Liebsten hätte ich dich an meiner Seite. Aber wie soll das denn gehen? So ist es eben, mein Leben.